Migrationsströme
im Mittelmeer
Migrationsströme
im Mittelmeer:
Wir
leben in einer Zeit, in der es so viele MigrantInnen gibt wie noch
nie zuvor
Menschen
verlassen ihre Land, da sie verfolgt werden, aufgrund ihrer
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion, Nation, sozialen Gruppe,
aufgrund ihrer politischen Gesinnung, aus ökonomischer Not, aufgrund
von ökologischen Krisen
1951,
Genfer Flüchtlingskonvention: Europa hat sich verpflichtet, Menschen
Asyl zu gewähren, welche wegen ihrer ethnischen, religiösen,
sozialen, nationalen oder politischen Zugehörigkeit verfolgt werden
Menschen
welche aufgrund wirtschaftlicher Not, Armut oder ökologischen Krisen
ihr Land verlassen müssen haben kein Recht auf Asyl
Trotz
Europas Verpflichtung gewährt Europa immer weniger Menschen Asyl:
Entweder werden Asylanträge ganz abgelehnt oder es wird nur ein
subsidiärer Schutz oder das Aufenthaltsrecht aus humanitären
Gründen vergeben, beide Aufenthaltsgenehmigungen laufen nach einem
Jahr aus, nach einem Jahr wird der Fall neu verhandelt und so stehen
Menschen erneut vor einer möglichen Ausweisung
Auf
diese Weise hat sich Italien einer Politik der Abschiebung
verpflichtet
Um
in einem europäischen Land um Asyl ansuchen zu können, muss sich
die Person in diesem Land befinden. Dies war früher nicht so. Früher
konnte man an der jeweiligen Botschaft im Ausland um Asyl ansuchen
so
sind diese Menschen gezwungen, die illegale Migration nach Europa zu
wagen, sprich ohne Einreiseerlaubnis bzw. Aufenthaltsgenehmigung nach
Europa zu kommen
Viele
Menschen führt ihre illegale Migration nach Europa über das
Mittelmeer
Dabei
sterben sehr viele: Seit 1994 sind im Meer zwischen Tunesien und
Italien 7065 Menschen gestorben. 5218 gelten davon bis heute als
vermisst. Man kann davon ausgehen, dass auch diese tot sind, denn
nicht immer werden alle Leichen geborgen. Das würde bedeuten, dass
seit 1994 mehr als 10.000 Menschen im Meer zwischen Italien und
Sizilien gestorben sind.
Im
Oktober 2013 kamen bei einem Schiffsunglück vor Lampedusa insgesamt
373 Menschen um Leben, 184 gelten bis heute als vermisst, die EU
schaut diesem Sterben tatenlos zu, Italien, wollte nicht mehr länger
zusehen: Operation Mare nostrum: Es handelt sich dabei um eine
Rettungsaktion der italienischen Marine von in Seenot geratenen
MigrantInnen im Meer zwischen Italien und Tunesien, Zeitraum Oktober
2013-Oktober 2014, von Italien finanziert, seit Oktober 2014 hat
Frontex übernommen, jedoch mehr Überwachung der Grenzen als
Rettungen der MigrantInnen -> Februar: erneut 300 Tote vor
Lampedusa
In
Italien wurden bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien, 2011 die
meisten Asylanträge von Menschen aus Nigeria, Somalia, Eritrea
gestellt, nun überwiegen die Asylanträge von Menschen aus Syrien
Während
eines Asylverfahrens werden AsylwerberInnen meist, jedoch nicht
immer, Italien fehlt es hierfür an Geld und an der Organisation, in
einem Asylwerberheim untergebracht
Riace
stellt so ein Asylwerberheim dar, jedoch in Form eines ganzen Dorfes
Riace ist ein Ort der Ankommenden
Die Fotos, die Sie gerade gesehen haben
dokumentieren den Fund der berühmten Bronzestatuen von Riace, die
Neunzehnhundertdreiundsiebzig geborgen wurden.
Zwei vollkommen intakte griechische
Statuen aus dem fünften Jahrhundert vor Christus, die von einem
Taucher während einer Erkundung des Meeresbodens vor der Küste
Riaces gefunden wurde, wie heute die Körper der Migranten.
Die zwei Statuen sind zirka zwei Meter
groß und haben sich ausgezeichnet erhalten. Sie sind von
atemberaubender Schönheit, die durch diese Bilder nicht gebührend
vermittelt werden kann und sind schon allein eine Reise nach
Kalabrien wert.
Sie wurden restauriert und konserviert
und sind nun im Archeologiemusem von Reggio Calabria ausgestellt.
Riace schuldet seine Bekanntheit vor
allem diesem Fund/Ist vor allem durch diesen Fund bekannt.
Das die Willkommenskultur in Riace
historische Wurzeln hat, ist mir bereits durch die Entdeckung der
heiligen Schutzpatronen Riaces während meiner ersten Besuchs im Jahr
2011 klar geworden.
Cosma und Damiano waren zwei syrische
Ärzte, zwei Migranten mit einem riesigen Wissensschatz.
Das Fest zur Ehre der Heiligen ist das
wichtigste religiöse Fest in Riace und, die Bevölkerung feiert zehn
Tage lang.
Zu den Bronzestatuen von Riace haben
wir einen Workshop mit Schülerinnen der Karl-Weise-Schule in
Neukölln gestaltet.
Der Workshop dauerte ein Jahr und das
Thema war die Gegenüberstellung von diesen Körpern/Kunstwerken und
den Körpern der Migranten und Migratinnen, die das Mittelmehr
überqueren. Es war also ein Workshop zu Werten und der
Identifizierung eines Kreislaufs von Wertungen, das Abfälle
hinnimmt.
Zum Abschluss der Workshops wurden die
Skulpturen aus Draht, die zusammen mit den Schülerinnen entstanden
sind unter dem Motto: „Wir sind gegen die Mauer im Mittelmeer“,
zur abschließenden Sammelausstellung des Vereins Young Arts Neukölln
getragen.
Der Umzug wurde von der Polizei
eskortiert. Die Frage einer Teilnehmerin, als die Aktion vorzeitig
beendet scheint, da wir von der Polizei aufgehalten werden und wir
uns ausweisen müssen, lautet: „Warum wollen sie uns stoppen, wenn
auch sie Kinder von Migranten sind?“
Riace
ist ein Ort der Ankommenden aufgrund des Vereins Città Futura
1999
gründete der aus Riace stammende Domenico Lucano den Verein Città
Futura, Stadt der Zukunft, um so AsylwerberInnen in Riace ein Zuhause
zu geben = allen Menschen wird derselbe Wert zugeschrieben
zugleich
erfährt Riace dadurch eine Wiederbelebung
Für
dieses Projekt wurde Domenico Lucano 2010 der “World Mayor Prize”
verliehen
Sitz
des Vereins ist der Palazzo Pinnarò
Unsere
Ankunft:
Die
Ankunft war nicht einfach
Nichts
hat uns jedoch davon abgehalten, nach Riace zu fahren und die
Kunstintervention zu machen, denn Riace war unser ganz persönliches
Anliegen
Auch
wir sind wie Migrantinnen gekommen: unangekündigt, wie Eindringlinge
vor
unserer Abreise haben wir Kontakt aufgenommen mit Città Futura: Wir
haben unsere Kunstintervention geschildert, so wurden wir eingeladen
Als
wir Città Futura kurz vor der Abreise nochmals kontaktierten,
konnten wir jedoch niemanden mehr erreichen
Wir
sind trotzdem gefahren
Als
Valeria, Elia und ich, zwei Frauen mit einem Kind, am Abend nach
einer langen Reise des vereinbarten Ankunftstages im Büro von
Domenico Lucano im Palazzo Pinnarò standen war das in der Tat eine
Überraschung für den Bürgermeister, jedoch er hat uns nicht
weggeschickt, sondern hat uns kostenlos ein Haus zur Verfügung
gestellt, welches just diese Nacht frei wurde, weil eine
Asylwerberfamilie es sich anders überlegt hat und in der Nacht Riace
heimlich verlassen hat
Es
handelte sich um das Haus, an welches die entweihte Kirche Santo
Spirito anschließt und zu der wir auch Zugang hatten
Dieses
Haus wurde unser Zuhause in Riace
Foto
von Haus
Obwohl
der Bürgermeister von unserer Kunstintervention wusste und uns
eingeladen hat, mussten wir dennoch unsere Idee vor ihm verteidigen:
in Anbetracht der Not der ankommenden MigrantInnen und aufgrund
Enttäuschungen bezüglich KünstlerInnen glaubt Domenico Lucano
nicht mehr daran, dass Kunst die Menschen weiterbringt
Auch
mussten wir unsere Kunstintervention gegenüber Domenico Lucano
verteidigen, da ihm die Idee der Zeichnung eines Zelts, Ausdruck des
Vorübergehenden, nicht gefiel, da er die Menschen in Riace zum
Bleiben veranlassen will
Weil
es keine Kommunikation zu Beginn gab es auch noch keine Gruppe von
Kindern, die an unserer Kunstintervention teilnehmen wollen
NigerianerInnen
-> Bürgermeister kennt das heikle Gleichgewicht in Riace und riet
uns davon ab mit ihnen zu arbeiten
Letzten
Endes aber hatten wir eine Gruppe von Kindern: diese trafen wir im
Hort, wo sie gemeinsam mit der Lehrerin Cosimina täglich ihre
Aufgaben machen und Italienisch lernen, jedoch während unserer
Kunstintervention gesellten sich immer weiter Kinder, zu uns dazu und
eben auch Erwachsene, sie alle nahmen teil
- So zogen wir die Zeichnung eines Zelts durch das Dorf, ausgehend vom Palazzo Pinnarò, anhand bunter Satinbänder, welche wir in einem Koffer aus Berlin mitgebracht hatten, die Satinbänder haben wir an allen Balkonen des Palazzo Pinnarò angebunden, an allen Seiten des Palazzos gab es Balkone, von dort aus haben wir die Satinbändern durch das Dorf gezogen, so hoch dass sie weder die Fußgänger noch die Autos behinderten
- Wir haben uns jeden Tag nach dem Hort zwischen 17 und 19 Uhr mit den Kindern und Jugendlichen vor dem Palazzo Pinnarò getroffen. Die in den Straßen wie auch in ihren Wohnungen angetroffene Bevölkerung von Riace beteiligte sich spontan an der Kunstintervention. Mit den Satinbändern haben wir Straßen, Wohnungen, Dächer, unbewohnte Häuser, Gärten und Balkons durchzogen. Jedes Hindernis wurde genommen. Dies passierte, indem alle TeilnehmerInnen abwechselnd die Satinbänder geworfen, gezogen, weitergereicht, aber auch entknotet und erneut geworfen, gezogen und weitergereicht haben. Dabei haben immer die Kinder und Jugendlichen über den Weg wie auch über das Ziel der Satinbänder entschieden. Sie haben darüber entschieden wo das Zelt aufgespannt werden soll.
- Wir haben die Satinbänder wieder entfernt, aus diesen Satinbändern haben wir gemeinsam mit den Kindern vor dem Palazzo Pinnarò ein Zelt geflochten
- Dieses Zelt haben wir zunächst in der Kirche „Spirito Santo“ aufgebaut und den Abschluss der Kunstintervention gemeinsam mit den Kindern gefeiert
- Letzten Endes haben wir das Zelt im Palazzo Pinnarò aufgebaut